Planlos...

... bin ich ins Wochenende hinein gestolpert. Der Freitag war okay. War lustig wirklich. Die Leute, mit denen ich unterwegs, sind mir schon megawichtig. Sie wissen nicht, was mit mir los ist. Das ich ständig und andauernd die Gedanken ums Essen kreisen lassen. Was ich darf, was ich nicht darf. Was ich will und was nicht. Sie kennen die Angst nicht. Niemand kennt sie, denn ich rede nicht darüber. Schweigen. Oder Ausreden. Bin vegan, habe Allergie. Die Geschichten kommen dann auf den Tisch, damit ich nicht essen muss. Vor allem weil ich nicht will.
Am Freitag hab ich es eigentlich ganz gut geschafft. Habe mir, bevor es los ging, noch Abendbrot gegönnt. Tomaten, dieses leichte Knusperbrot und magerer Frischkäse. Das wars.
Und dann plötzlich. Reiße ich das Ruder rum. Futtere Wasabi-Chips. Und ehrlich gesagt, ich mag die lieber als normale Chips. Aber gleich so viele???
Wie auch immer. Letztendlich haben wir auch getrunken. Nicht gerade wenig. Alles mit Cola gemischt. Korn, Bacardi... Immer rein damit.
Immerhin habe ich getanzt, bis ich nicht mehr konnte. Irgendwann kam wieder dieser Gemeinschaftszwang. Hunger... Alle haben Hunger. Also ich auch. Oder?
Ich habe dann ne kleine Portion Pommes vor mir herum geschoben und dann letztendlich doch gegessen. Dabei blieb es zum Glück. Keine riesigen Ausflüge nach McDonalds oder so.
Gegen 5.30 Uhr morgens war ich zuhause. Um die Zeit steht ich normalerweise in der Woche auf. Shit! Ich kichere nervös im Badezimmer, als mein Wecker los geht, den ich hektisch ausschalte. Hab ich vergessen auszuschalten.
Mit trägen Bewegungen schminke ich mich ab, gehe nochmal in die Küche und starre die Kaffeemaschine an. Nein, du bleibst aus, Süße. Ich rauche noch eine, bin noch ein wenig ruhelos. Mir ist warm, obwohl die Heizung im Raum aus ist. Schweren Schrittes schlepp ich mich ins Schlafzimmer und krieche unter die Decke, ziehe die Knie so weit an wie es geht. Eine Sekunde lang schnürt mir der Schmerz, die Geiwssensbisse die Kehle zu. Zu viel gefressen, sage ich mir und ziehe kurz Bilanz. Dann knipst mir der Alkohol im Blut das Licht aus und ich schlafe sofort ein. Meinen Gedanken konnte ich noch nicht mal zu Ende bringen.
Der holt mich dafür am Samstag ein. Ein flaues Gefühl im Magen, der scheinbar leer ist. Kann ja gar nicht, sage ich mir. Du hast Chips und Pommes gefressen und davor auch ständig was zu kauen gehabt. Ich blinzele die Zahl auf der Anzeige der Waage an. 67,5. Ooookay, skeptisch steige ich wieder runter und tapse in die Küche. Kaffee..., eine rauchen. Das übliche Morgenritual. Naja, Morgen war es nicht mehr, sondern irgendwas am Nachmittag.
Es riecht auch schon nach Essen. Lasagne. Die duftet gut. Bruzelt im Backofen vor sich hin. Mein Jemand erklärt mir stolz, dass die selbst gemacht ist. Mit den restlichen frischen Tomaten. Noch ein bisschen benommen nicke ich und räume das Chaos weg, was er veranstaltet hat.
Trotzdem beeile ich mich und sitze etwa eine halbe Stunde später am Tisch mit eine Stück Lasagne auf meinem Teller. Ich esse es. Mechanisch und ein bisschen lieblos. Wirklich Hunger hab ich nicht und ich hab Angst, dass mein Magen rebelliert, weil der noch nicht bereit für so fieses Zeug ist. Ich behalte es drin. Glücklich bin darüber nicht. Okay, sage ich mir, es ist Wochenende.
Am Abend irgendwie sowas wie eine Fressattacke. Sicher bin ich mir aber nicht. Mir war immer noch schlecht. Verkatert eben. Irgendwas musste ich essen, schire mein Magen. Damit die Überlkeit weggeht. Mein Kopf riet mir aber was ganz anderes als mein Bauch. Ich hab mir schließlich Obst mit fettarmem Joghurt gemacht. Die Sünde daran waren die Schokostreusel. Und es war noch ein Schoko-Nikolaus im Schrank, der da seit Wochen rumliegt. Gefressen. Das Alupapier zu einer ganz kleinen Kugel gemacht, die bedruckte Seite nach innen und heimlich im Mülleimer entsorgt. Doch denk ich  mir, es fällt doch sowieso auf, wenn der Schokomann weg ist. Scheiß drauf! Zwischendurch noch Abführmittel geschluckt, nur um die Panik doch ein bisschen zu unterdrücken, die immer wieder aufkommt. Bei jedem weiteren Bissen. Fazit: Viel war es nicht. Normale Menschen würden es vielleicht auch als ganz normal bezeichnen. Für mich ist das aber nicht normal. Fuck! Zu viel! Von allem.

Am Sonntag wieder lange geschlafen. Die war freundlich zu mir. Zeigte wieder 67,5 kg an. Schön für sie. Begeistert war ich trotzdem irgendwie nicht. Als ich nach dem Besuch im Bad wieder unter den Lebenden wandelte, musste was zu essen her. Ich hatte es satt, ständig Magenknurren zu haben. Eine asiatische Instant-Nudelsuppe isses dann geworden,w eil es sowieso wieder Mittagszeit war. Nun gut. Scharf gewürzt hab ich sie mir noch. Irgendwie hing ich da schon wie nen Schluck Wasser in der Kurve, weil sich hier Schnupfen bzw. Erkältung angebahnt hat. Aber noch ging es.
Gegen Abend wurde es dann wieder schlimm. Gedankenlos gefressen. Hatte mir Kamillentee gemacht für die Erkältung und saß frierend unter einer Decke im Wohnzimmer. Um den Kühlschrank schlich ich ständig herum. Zunächst gabs nur ne Schüssel gemischten Salat, in der Hoffnung es würde auch so gehen. Bis ich dann doch zu diesem Quarkdessert griff. Wieder Schokostreusel drüber und grüne Feigen aus der Dose dazu. Da war der Schalter wieder umgelegt. Die letzten Kapseln Abführmittel hinterher geschluckt. Keine Panik, alles wird gut. Alles ist okay. Das kriegen wir schon hin. Im Anschluss gabs trotzdem noch die Tüte Gummibärchen. Und zwar die ganze.
Später war mir schlecht und ich hab geflucht. Leise, so leise, dass es nur in meinen Gedanken gehallt hat. Das Fiepsen im Ohr von meinen Schreien bildete ich mir nur ein. Ich habe nicht geschrien. Alles nur Hirngespinste. Fett und aufgequollen wollte ich nur noch schlafen. Ich wünschte mir, die Waage würde morgen wieder lieb zu mir sein.
War sie nicht. Natürlich nicht. Gummibärchen sind purer Zucker. Energie, die ich nicht umsetzen konnte. Also lagert der Körper den Shit ein. An meinem Hintern, am Bauch. Überall! Ich biss mir heute morgen derbst auf die Lippe, schwor mir, es nie wieder zu tun. Nur um im nächsten Augenblick ganz genau zu wissen, dass ich es doch wieder tun würde.
Kaffee, Zigarette... Noch eine Zigarette, noch ein Kaffee. Wieder kreist alles in meinem Kopf nur um die Frage des Essens. Ich soll nicht. Ich will nicht.
Ich zögere so lange, bis ein kleiner Fetzen von meinem Hirn mir unbewusst einredet, doch zu frühstücken. Ärgerlich verschränke ich die Arme, gehe doch und hole mir zwei kleine Grapefruit, die ich mir klein schneide. Magerer Joghurt, Kokosraspel, ein paar Rosinen. Sind doch soooo gesund und der perfekte Energielieferant.
Klar doch. Energielieferant für meine Fettzellen, die sich richtig wohl fühlen, wenn ich esse. Ich stelle mir vor, wie ich die Zellen nehme und zwischen den Fingern zum platzen bringe. Eckelige fettige Suppe tropft mir über die Finger, aber ich freue mich drüber. Dann ist es endlich weg. Zähe gelbe Masse, die ich mit Seife von den Händen waschen kann.

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