Flucht...
Im Laden hat es Ewigkeiten gedauert, bis anständiges Schuhwerk gefunden habe. Zuerst auf eigene Faust, während gefühlte tausend andere Frauen in dem Moment genau das Gleiche vor hatten. Da kann ich nur immer wieder erwähnen, kein Fan von zu vielen Menschen auf zu wenig Quadratmetern zu sein. Deswegen hab ich die Zähne zusammen gebissen und habe mich in einem der Gänge zwischen den Regalen verschanzt, wobei meine Eastpack-Tasche als Barrikade und Blockade herhalten musste für andere Kundinnen. Die Tasche habe ich nämlich dreist mitten im Gang drapiert, sodass man drüber fällt oder umständlich drüber hinweg klettern muss.
So verschanzt hatte ich ungefähr zehn bis zwanzig Paar Laufschuhe an, bin die Regale rauf und runter marschiert, der kritisch-skeptisch prüfende Blick stirngerunzelt auf diverse Treter gerichtet. Bis ich plötzlich und völlig unerwartet doch noch eine Frage hatte. Frech wie ich bin, mische ich mich in ein belangloses Verkäuferin-Kundin-Gespräch ein. Krieg sogar einer freundliche Antwort, ganz ohne bissigem oder gestresstem Unterton. Wow! Alle Achtung.
Ein paar Momente später steht mir die Verkäuferin auch schon zur Seite, erzählt mir von gestützten, unterstützten Schuhen, was ich später gar nicht wirklich nachvollziehen kann. Doch in der Sekunde kommt es mir alles schlüssig und logisch vor. Ich trage Einlagen. Na, die müssen auch reinpaasen, also braucht da nix aktiv unterstützt werden. Machen ja die Einlagen. Ja, der breite Plattfuß von mir muss auch noch reinpassen, ohne das Fussbett zu sprengen.
Circa zehn weitere Modelle werden angezogen, getestet und wieder ausgezogen. Inzwischen ist mir die Preisklasse relativ egal. Kommen ja eh zwanzig Prozent vom Preis runter und ich will endlich nen echt guten Laufschuh haben. Hin und her, vor und zurück. Endlich haben wir die Auswahl auf zwei paar Schueh eingeschränkt. Einen in rot (Marke weiß ich nicht mehr) und einen in türkis von Brooks.
Glücklicherweise hatte ich meine total runtergerannten Laufschlappen auch mit. Somit konnte ich direkten Vergleich ziehen. Die alten Dinger nochmal an. Mhhh... Vorher war ich von denen so überzeugt und hatte gedacht, nie etwas besseres zu finden. Okay, aber ich lasse mich gerne eines Besseren belehren. Die roten Schuhe nochmal anprobiert. Wah, die sitzen verdammt gut. Auch ohne großartiges einlaufen. Aber hinten drücken sie in die Achillesfersen. Nicht das Gelbe vom Ei.
Die türkisen nochmal. Jeder Schritt federleicht, genauso wie die Schuhe auch. Cool. Und die drücken auch nirgendwo. Muss ja noch nichts heißen. Lauftest gemacht und stolz erhobenen Hauptes durch den Laden gejoggt mit meiner Kleinen im Schlepptau, die das irgendwie witzig fand. Letztendlich musste ich aber auch grinsen.
Wieder bei der Verkäuferin angekommen, hopse ich noch ein paar Mal herum. In Gedanken hat der Brooks-Schuh den Test schon bestanden, aber ich höre mir, nett wie ich bin, noch an, was die Verkäuferin zu erzählen hat. Auch wenn ich weiß, dass die Gute mir nur was verkaufen will, ist sie mir sympathischer als diese Leute, die zwanghaft grinsend ihren Text runter leiern. Diese Frau war das Gegenteil davon. Der Laden rappelvoll und die Belegschaft hat sicher Auflagen bekommen, wie viel in welcher Zeit an den Mann/die Frau gebracht werden muss. Etwa eine Stunde später sage ich Ja zu den türkisfarbenen Brooks. Meine kleine hatte sich auch Schuhe für den Sportunterricht rausgesucht. Da hat die Verkäuferin sich auch noch drum gekümmert, ob der auch richtig sitzt, ohne dass aufgefordert habe. Könnte man aufdringlich nennen. Ich fands zuvor kommend. Als Muttertier hat man eh andere Kriterien bei Sportschuhen. Allerdings war der Teil des Beratungs-/Verkaufsgesprächs kurz und knackig, weil ich schon vorgesorgt hatte durch mein überkritisches Auswahlverfahren.
Mit je einem Karton unterm Arm schlendern wir schließlich noch ein wenig weiter durch den Laden. Wer weiß? Könnte sich ja noch etwas anfinden, was man braucht oder toll findet.
Leider finde ich es immer übertrieben, wenn Kinder bereits in der Grundschule nur in Topmarken-Klamotten durch die Schule rennen. So gedacht, als ich an der Trainingskleidung für Kinder vorbei gehe. Coole Sache. Trainingsanzug mit Jacke von adidas. Auch für den Schulsport?
Ich grübele weiter... Ne. Der Verschleiß von Kinderkleidung ist mir eh schon zu hoch. Markenklamotten bilden da keine Ausnahmen. Wenn Loch, dann Loch. Ganz egal wie teuer das Teil war. Also hänge ich den Trainingsanzug wieder zurück. In einem halben Jahr passt meine Kleine da sowieso nicht mehr rein. Und es sowieso kaputt getragen. Also nichts dergleichen.
An einem T-Shirt kann ich allerdings dann doch nicht vorbei gehen. Ein graues T-Shirt von Nike. "Move your a**" steht vorne in pinker Schrift drauf. Ganz genau das, was ich brauche. Schmal grinsend nehme ich das auch noch mit.
Auf die Finger beißen musste ich mir aber letztendlich bei einem Badeanzug für meine Kleine. So einen Sportbadeanzug bräuchte sie nämlich schon, wenn sie nun doch weiterhin bei der DLRG das Training mitmacht. Aber sage wieder nein. Erstens: Es steht noch gar nicht fest, ob das nicht wieder so ein Ding ist, woran sie schnell die Lust verliert. Zweitens: Über den Verein komme ich auch wesentlich günstig an die Teile ran. Also lohnt sich das irgendwie auch nicht.
Weggehängt, zur Kasse marschiert und bezahlt.
Kein neue Laufoufit für mich, keine neuen Schwimm- und Sportsachen für meine Kleine. Nur die Schuhe und das T-Shirt.
Aber zufrieden bin ich trotzdem.
Samstags konnte ich nicht widerstehen und musste die Schuhe auch gleich das erste Mal tragen. Das war sozusagen der erste Live-Test unter Realbedingungen. Zunächst jedoch nur im Fitnessstudio...
Schüttet der Körper so schon beim Sport Endorphine aus, gabs gestern eine Extraportion für mich. Die Schuhe waren ihr Geld wert.
Freudestrahlend gings anschließend nach Hause, wo noch ein Haufen anderer Arbeit auf mich wartete, der plötzlich so leicht von der Hand ging, wie sonst nie.
Heute war ich schon vorm Frühstück ganz kribbelig und hatte mir schon Argumente zurecht gelegt, wie ich meinen Jemand dazu überreden konnte, draußen mit mir den kleine Jogging-Runde zu drehen. Hummeln im Hinter waren nichts dagegen. Wundersamerweise ging er gleich auf meine erste Frage positiv ein.
"Woll wa was machen? So draußen, mein ich?"
"Joa. Was denn?"
"Laufen?" Mein Grinsen wird um noch ein paar zuckersüße Zentimeter breiter.
Sein Blick geht zum Fenster hinaus. Dort ziehen grad eine paar hellgraue Wolken vorbei.
"Dann aber gleich. Und dann können wir danach direkt schwimmen gehen. Was sagst dazu?"
"Klingt super." Ich wackel jetzt schon herum, als hätte ich überall Juckpulver.
Eine Minute später steht ich in Laufoutfit da. Wie ein Hund, der freudig rumhüpft, wenn Herrchen mit ihm Gassi gehen will. Nur gebellt habe ich nicht.
Da mein Jemand nicht so der Läufer ist, machen wir ne entspannte Runde und anschließend schwimmen. Gen Abend waren wir wieder daheim. Müde, kaputt, aber mit guter Laune essen wir und läuten den Abend ein.
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