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Und hier möchte ich ein bisschen Hirnnahrung vorstellen. Schon seit ein paar Wochen bin ich auf der Suche nach Romanen, die sich mit dem Thema Magersucht auseinandersetzen. Bisher ist keins der Bücher bzw. der Klappentext wirklich ansprechend gewesen und eigentlich hatte ich Brigitte Blobels Roman nur gekauft, weil es nur 6,99 Euro gekostet hat. Wenn's nicht so gut ist, tat es wenigstens nicht im Geldbeutel weh.
Mit eher geringen Erwartungen fing ich gestern Abend an zu lesen, weil ich sowieso zu nichts anderem Lust hatte. Als ich auf die Uhr sah war es ca. 20 Uhr. Zuerst wundere ich mich: So große Schrift. Die vom Verlag haben wohl versucht wenig Text aufzublasen, damit es nach mehr aussieht. Zudem frage ich mich bei den ersten Seiten, was das Geschriebene mit dem eigentlichen Thema zu tun hat. Trotzdem lese ich weiter. Der Stil ist schön locker und flüssig, also lässt es sich leicht lesen.
Man bekommt die Geschichte der 17jährigen Katharina erzählt, die vom Land in die große Stadt auszieht, um zu studieren. Da sie zwei Klasse übersprungen hat wird sie wohl auf der Uni das Küken sein. WG ist vorher schon organisiert worden. Sie freut sich ungemein auf ihre beiden Mitbewohnerinnen. Doch der anfängliche Freudentaumel verwandelt sich rasch ins Gegenteil. Zoe ist eine Art Mischung aus Gothic und Punk, ist erstmal nicht sonderlich nett. Dann kommt Lilja ins Spiel. Eine hochnäsig wirkende umwerfend hübsche Tochter aus stinkreicher Familie, die scheinbar nur so zum Spaß studiert.
Bereits von der ersten Sekunde an erweckt Lilja den Eindruck Katharina nicht ausstehen zu können. Bissige Kommentare oder eisiges Schweigen und Ignoranz sind an der Tagesordnung. Lilja nutzt offenbar jede Gelegenheit, um Katharina davon zu überzeugen, sie sei unerwünscht. Katharina hingegen findet Lilja wunderschön. So dünn, wie ein Engel leicht und luftig.
Die Spannung in der WG findet ihren Höhepunkt, als Katharina einen Plan schmiedet. Sie will so sein wie Lilja. Hübsch, nur in Designerkleidung gehüllt und mit Scharen von Freunden umgeben. So beginnt der Kreislauf.
Erst eine Diät. Immerhin ist sie fett, wiegt mehr als Lilja, deren Hüftknochen man unter dem Kleid hervor stechen sieht, was doch der Traum aller Männer sein muss. Erst sind es vier Kilo. Die kleine Speckrolle am Bauch verschwindet. Besessen davon, mehr und mehr wie Lilja zu werden, werden es immer weniger Kilos. Von Größe 38 geht es abwärts. In Richtung 36 und noch weiter. Irgendwann wird der Plan zu einem Kampf. Gegen sich selbst und gegen den Hunger, der bald Katharinas Gedanken beherrscht. Das Studium und die damit verbundene Arbeit wird als Ablenkung davon genutzt.
Was Katharina nicht weiß: Hinter Liljas stolzen und gleichgültigen Fassade verbirgt sich ein Geheimnis, was ihr schon bald zum Verhängnis werden könnte. Und Katharina ist auf dem besten Wege den gleichen Weg einzuschlagen, ohne es bewusst wahrzunehmen.
Heute Nachmittag las ich die letzte Seite, klappte das Buch zu und musste mich noch einmal davon überzeugen, auch wirklich nur so wenig Geld dafür ausgegeben zu haben. Ich lese schnell, aber ich hätte nie erwartet, innerhalb von zwei Tagen (insgesamt 3 Stunden Lesezeit) fertig zu werden.
Mein Urteil: Gut. Trotz flüssigem Schreibstil liest man nicht, ohne nachzudenken. Eher im Gegenteil. Zu einem sehr kleinen Teil habe ich mich mit Katharina identifizieren können, da mich das Thema selbst betrifft/betroffen hat. Die Gedankengänge waren teilweise sehr bekannt. Besonders tiefenpsychologischen Firlefanz sucht man jedoch vergebens. Der ist auch nicht nötig, wie ich finde.
Als Jugendbuchautorin konzentriert sich Brigitte Blobel auf eben jene Zielgruppe. scheinbar gibt es in der Buch- und Romanwelt keine Frau über 19 Jahre, die unter Magersucht leidet. Oder ich habe einfach noch kein Buch gefunden mit dem Thema gefunden.
Wer da einen Geheimtipp für mich hat, kann sich gerne bei mir melden.
Alles in allem ein gutes Buch, für das es sich lohnt ein paar Euro und Lesestunden zu investieren. Einen Link zu Amazon gibts allerdings nicht. Dort hat mich schon auf die Palme gebracht, dass sie den Klappentext vom Buch falsch aufgeschrieben haben. Tut eurem Buchhändler einen Gefallen und schaut bei ihm vorbei. Damit sichert ihr seinen Arbeitsplatz. Kommt mir aber bitte nicht mit einer Ausrede. "Das trau ich mich nicht, sonst denkt der noch, dass ich krank bin und schaut mich schräg von der Seite an, als hätte ich damit persönlich was zu tun!" Pfff! Wer "Die Welle" kauft, muss noch lange nicht wie die Protagonisten agieren.
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